Erfahrungsbericht Freiwillig am Bauernhof: Tristan

Panoramablick über die Region Oststeiermark

Tristan aus München begegnete der Natur und viel Menschlichkeit

01.06.2022: Abfahrt vom Münchner Hauptbahnhof in das grüne Herz Österreichs, die Steiermark. Dorthin machte ich mich auf, um eine Seite des Lebens kennenzulernen, auf die ich schon lange neugierig war: das einfache, handwerkliche Leben nahe der Natur – und damit fernab von Büros, Get-togethers und Sun-Downer-Drinks in der Großstadt. So saß ich also mit neu gekauften Gummistiefeln im Zug und war gespannt auf das neue Leben auf Zeit, das mich bei Familie Schröck in Anger in der Steiermark erwartete.

Dort bewirtschaften Heli und Doris Schröck mit ihren drei Kindern einen Bio-Fleischbetrieb mit schottischen Hochlandrindern. Deren Anblick, friedlich auf der Weide vor einer schönen Bergkulisse, war das erste Bild, das sich mir bei meiner Ankunft auf dem Hof der Schröcks bot – und es ist auch das erste Bild, das mir wieder einfällt, wenn ich an meine Zeit dort zurückdenke.

"Denn es war eine schöne Zeit mit vielen Begegnungen, an die ich gerne zurückdenke." 

Zotteltiere auf der Weide

Hochlandrinder, die friedlich auf der Weide fressen und wiederkauen. 

Arbeiten mit dem Motormäher

Arbeiten mit dem Motormäher...

Tristan beim Zäunen der Weide

...und Zäunen der Weideflächen zählten zu meinen Aufgaben.

Zuerst möchte ich hier die Momente der Begegnung mit der Familie selbst nennen ...

...seien es die Abende am Lagerfeuer mit Steckerlbrot und Schnaps, die Spielsonntage mit Onkel Robert und Tante Marianne, die Ausflüge ins Freibad Anger (getreu dem Motto: „Kein weiter Weg, kein langer – statt Mallorca Anger“), das gemeinsame Heumähen oder Doris' wunderbares Essen nach traditioneller Bauernküche.

Familie Schröck und Tristan

 

Ich denke aber auch an die Begegnungen mit den Tieren auf dem Hof: Zum Beispiel mit Zeus, dem im Herzen jung gebliebenen, aber körperlich alten Familienhund, der am liebsten über die Felder stürmte, als wäre er noch wilde 3, und dabei wenigstens für fünf Minuten vergessen konnte, dass auch seine Zeit auf dieser Welt endlich ist; oder mit Edelweiß, der etwas kleineren, weißen Kuh, die sich nie so recht in das Kollektiv einfügen konnte, weshalb sie sich zur Essenszeit lieber außerhalb des Stalls aufhielt und füttern ließ; oder mit den Katzen, die sich trotz aller Schmähungen jeden Abend wieder am Jausentisch einfanden, um es diesmal vielleicht doch zu schaffen, einem die Salami vom Brot zu klauen.

Almpanorama mit Blumenwiese
Schätze von der Natur

 

Aber natürlich gab es auch zahlreiche Begegnungen mit der Natur: mit ihrer Schönheit, wenn ich vom Gipfel des Zetz hinunterblickte; mit ihrer Unberührtheit, wenn ein Reh zwei Meter vor mir durchs Feld rannte; mit ihrer Grausamkeit, wenn ich den Kiefer eines Kalbsschädels anblickte, den ein Goldschakal vor Wochen gerissen hatte; oder mit ihrem Reichtum, wenn ich einen großen Steinpilz aus der Erde zog.

Und schließlich bin ich natürlich auch mir selbst neu begegnet:

Sei es in Bezug auf meinen Körper, als ich lernte, wie sich ein geprelltes Knie anfühlt, ein Wespenstich in der Lippe oder ein Rücken nach drei Stunden Ampferjäten. Aber auch in Bezug auf mein Inneres: Denn in der Zeit bei den Schröcks habe ich erfahren, wie gut es sich anfühlt, in einer Balance zwischen körperlicher Aktivität und geistiger Anregung zu leben. Eine Balance, die ich so noch nicht kannte, da mein bisheriges Studien- und Berufsleben vor allem aus einseitiger Kopfarbeit bestand. Hier aber hatte ich zum ersten Mal beides: anstrengende, aber erfrischende Körperlichkeit am Vormittag (beim Stallausmisten, Zaunreparieren, Füttern oder Mähen) und etwas für den Geist am Nachmittag in Form von Lesestunden auf der Weide oder ruhigen Momenten des Nachdenkens bei Spaziergängen.

Für all diese Begegnungen und Erkenntnisse möchte ich mich bei der Familie Schröck und natürlich bei „Freiwillig am Bauernhof“ bedanken. Es war eine bereichernde Erfahrung und ich bin froh, sie gemacht zu haben.

 

Viele Grüße aus München und alles Liebe an Heli, Doris, Morrie, Lenal, Georg und Zeusi,

Euer Tristan

Gemähte Wiese
Wanderung mit Ausblick