Freiwilliges Umweltjahr: Raphael am Oberachenhof in Ellmau

Hey, alle zusammen - ich bin Raphael Schauer, bin 20 Jahre alt und komme aus der Steiermark, genauer gesagt Graz-Umgebung. Ich habe im letzten Jahr (2022) meine Schullaufbahn mit dem Abschluss der HTL Bulme Graz Gösting, Elektrotechnik beendet. Aktuell absolviere ich meinen Zivildienst in Form eines freiwilligen Umweltjahres bei der Einsatzstelle „Freiwillig am Bauernhof“ in Tirol.

Zu meiner Einsatzstelle:
Seit dem 01.09.2022 darf ich die Familie Stöckl am Hof in Oberachen, Ellmau (Tirol) unterstützen. Die Landwirtschaft ist ein Melkbetrieb mit ca. 40 Tieren. Weiters dient der Hof als Unterkunft für Gäste. Ich wurde am Betrieb herzlichst empfangen und verstehe mich bis heute noch mit jedem einzelnen bestens. Die Aufgaben am Betrieb sind klar verteilt. Die Bäuerin Heidi kümmert sich um alle bürokratischen Tätigkeiten in Bezug auf Landwirtschaft und Tourismus, sowie auch um die Gäste. 

Währenddessen kümmert sich Martin und seine Frau Barbara (die Eltern von Heidi) immer noch größtenteils um die landwirtschaftlichen Arbeiten. Weiters gibt es noch Jakob, den Lebensgefährten der Bäuerin, welcher immer zur Stelle ist, wenn es irgendwo brennt oder wenn mal ein größeres Projekt ansteht. Im Laufe meines Einsatzes durfte ich schon überall mitanpacken und unzählige Erfahrungen sammeln.

Meine Motivation:
Wir schreiben Anfang 2022 und für mich war nur eines klar, nun steht Zivildienst an. Damals hatte ich noch keine konkreten Ziele, aber dafür eine klare Vorstellung über meinen Ansatz des Zivildienstes. Ich wollte etwas bewegen, etwas voranbringen und diese Zeit möglichst sinnvoll nutzen und dabei mich selbst neu herausfordern. Dinge machen, welche ich noch nie gemacht habe, Sachen sehen und erleben, die ich noch nicht kannte und einfach mal ausbrechen aus dem bisher gekannten Weltbild, heraus aus meiner Komfortzone. Wichtig war mir auch noch, dass ich viel draußen bin, eher körperlich arbeite und vor allem wollte ich mal in die Berge.

Meine Tätigkeiten:
Die Aufgaben sind so vielfältig, dass es nicht möglich wäre, sie hier alle aufzuzählen. Doch trotzdem möchte ich euch versuchen ein bisschen einen Einblick zu geben, wie der Arbeitsalltag bei „Freiwillig am Bauernhof“ aussehen kann. Der einzig richtige Fixpunkt in meinem Arbeitsalltag bildet das Melken. Denn im Melkstand findet man mich genau zweimal am Tag, einmal in der Früh und einmal am Abend. Besonders bei diesem Thema bin ich sehr dankbar, dass ich - obwohl ich nur wenig landwirtschaftliche Erfahrung hatte - sofort voll miteinbezogen wurde. Ich bekam alles gut erklärt und wurde dann komplett in den Prozess integriert. Das heißt vom Vorbereiten des Melkstandes bis zum Melken und schlussendlich dem Reinigen des Melkstandes habe ich meine Aufgaben und kann so den Betrieb unterstützen. Alle weiteren Arbeiten hängen von vielen verschiedenen Faktoren ab. Jahreszeit, Wetter oder Ereignisse – alles spielt eine Rolle. Diese Phasen können kürzer oder länger sein. Was mich zum Beispiel länger begleitet hat, war das „Kiagrasen“ im Herbst oder auch das Holzarbeiten im Winter.

Mit „Kiagrasen“ ist das Gras mähen bzw. holen gemeint, als Futtermittel für die Kühe. Hier durfte ich auch schon früh mit dem Mäher fahren bzw. später auch mit dem Transporter. Sonst war das Zusammenrechen des Grases Hauptbestandteil der Arbeit, welche körperlich sehr anstrengend ist - aber mit der wunderschönen Umgebung Tirols im Hintergrund trotzdem nie monoton ist.

Wie bereits erwähnt, wurde dann im Winter das Holzarbeiten ein großes Thema. Bei diesen Arbeiten versuchte ich Martin auf allen möglichen Weisen zu unterstützen. Ob bei der Besorgung von Brennholz oder auch bei der Verarbeitung. So verbrachten wir unzählige Stunden in Wald bzw. an der frischen Luft und haben somit mit Sicherheit den Brennholzbedarf für den nächsten Winter gedeckt.
Aber es gibt auch einige einmalige Ereignisse bei denen man helfen kann. Im Herbst beginnt alles mit der Vorbereitung des Stalles für die Rückkehr der Kühe von der Alm. Das beinhaltet das Bearbeiten der Weide, aufstellen der Zäune, säubern des Stalles oder auch heuen. Schlussendlich gipfelt die Arbeit dann im Almabtrieb, welcher ein absolutes Highlight darstellt, auch wenn er in der Realität vielleicht etwas anderes aussieht als man sich das so vorstellt. Auch wunderschöne Erlebnisse sind die regelmäßigen „Keiberlgeburten“, bei sehr vielen durfte ich dabei sein. Hier konnte ich nach einiger Zeit viel Wissen über den Ablauf und die wichtigen Faktoren nach der Geburt eines Kalbes erlangen.

Außerdem kommen immer wieder spontane Komponenten hinzu, die den Arbeitsalltag prägen. Es wird mal was kaputt, es wird spontan mal etwas benötigt, was erst gebaut werden muss usw. Auch für diese Herausforderungen bin ich sehr dankbar. Denn hier konnte ich mein handwerkliches Können unter Beweis stellen. Regal bauen, Koppel abbauen, Zäune aufstellen - um einmal ein paar Beispiele zu nennen.
Wie schon anfangs erwähnt, ist die Arbeit sehr abwechslungsreich und mir wurde nie langweilig. Obendrein möchte ich nochmals sagen, wie gut ich in diese Prozesse integriert wurde. Da meine landwirtschaftlichen Vorkenntnisse sehr beschränkt waren, machte ich die meisten Tätigkeiten zum ersten Mal. Melken, Holzarbeiten usw. wurde mir Stück für Stück beigebracht und so erklärt, dass ich auch recht schnell Verantwortung übernehmen konnte.
Zusammenfassend kann man sagen, dass ich komplett in das Familienleben eingebunden wurde und so sich der Arbeitsalltag ziemlich von selbst ergab. Natürlich gibt es auch gute und schlechte Tage. Doch genau diese Abwechslung von Niederschlägen und Höhenpunkten sorgt für die enorme Vielseitigkeit am Hof.

Fazit:
Obwohl ich noch fast 3 Monate zu absolvieren habe, blicke ich jetzt schon auf diese Zeit zurück und kann sagen, dass sich der Mut zum Neuen gelohnt hat. Beits jetzt kann ich mit Sicherheit behaupten, dass es genau die Erfahrung war, die ich gesucht hatte – eben eine komplett neue Herausforderung. Eine, an der ich gewachsen bin. Mit den Erfahrungen wie Wegziehen von Zuhause, erstes längeres Arbeitsverhältnis usw. habe ich eine persönliche Entwicklung gemacht, welche mir keiner mehr nehmen kann. Dazu kommt noch der geniale Einblick, den ich in das Thema Landwirtschaft bekommen habe, welche meine Bewusstsein dafür für immer prägen werden. Eine Reise bzw. ein Kapitel mit Menschen und Erfahrungen welche ich nie vergessen werde.

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