Gewusst wie: Düngen auf der Alm

Autor: DI Daniel Sommersguter, BSc (Abteilung Agrarwirtschaft Land Tirol) 

Die Kreislaufwirtschaft ist in aller Munde, auch auf der Alm. Kreisläufe zu verstehen und erfolgreich in diesem sensiblen Gefüge alpiner Pflanzengesellschaften zu wirtschaften, bedarf eines konkreten Wissens über die Produkte auf der einen Seite (Output), der Milchkuh im Mittelpunkt und dem Wirtschaftsdünger (Input) auf der anderen Seite. Dieser anderen Seite, nämlich dem Wirtschaftsdünger auf der Milchkuhalm soll sich dieser Beitrag widmen, um einerseits Fehler zu vermeiden und andererseits gezielt Denkanstöße für konkrete Handlungsentscheidungen für Almbewirtschafterinnen und Almbewirtschafter zu geben.

Eine intensive Düngung mit dem Ziel eine schier unendliche Ertragssteigerung zu erreichen, ist auf der Alm nicht umsetzbar. Was muss sohin das Ziel einer erfolgreichen Düngerstrategie auf der Alm sein? Während auf stark gedüngten Mähweiden im Tal der Futterüberschuss durch Silage- bzw. Heubereitung vernünftig genutzt werden kann, führt eine entsprechende Überversorgung bei reinen Weideflächen zu großen Weideverlusten (Bestandeslücken, überschüssiges Weidegras etc.) und zu einer Verschlechterung des Pflanzenbestandes. So nehmen auf überdüngten Flächen Kleearten ab, wohingegen sich gefürchtete Weideunkräuter, wie beispielsweise Almampfer, Rasenschmiele, Alpen-Kratzdistel, Scharfer Hahnenfuß und Alpenkreuzkraut vermehren.

Das Ziel der Düngung der Almweide richtet sich daher auf ausgewogene und artenreiche Pflanzenbestände und eine maßvolle und abgestufte, dem Standort angepasste, Nutzung aus. Dabei spielen vor allem „der rechte Ort“ und „das rechte Maß“ die entscheidende Rolle.

Der rechte Ort
Grundsätzlich gilt es die Hangneigung, die Bodenfeuchte und die Nutzungsmöglichkeit zu beachten. In Bezug auf die Hangneigung sollten nur Weiden mit einer Hangneigung von weniger als 40% gedüngt werden. 

Die Hangneigung ist für die Beurteilung der Nutzungseignung für versch. Tiergruppen wichtig, weil je nach Leistung, Gewicht und Gängigkeit der Tiere unterschiedlich steile Weiden sinnvoll genutzt werden können. Nach der Hang­neigung werden deshalb gewöhnlich die folgenden Nutzungsbereiche für die wichtigsten Tiergruppen unterschieden: bis 40 % Neigung Kuhweiden, 40-60 % Jungviehweiden, 60-80 % Kleinviehweiden. In Bezug auf die Bodenfeuchte sollten nur leicht trockene, frische bzw. leicht feuchte Standorte gedüngt werden.

Sehr trockene bzw. wassergesättigte Standorte sind jedenfalls auszusparen (Nitrat Aktionsprogramm Verordnung, 2023). In Bezug auf die Nutzungsmöglichkeit sollten die gedüngten Bereiche als Umtriebs- oder Standweide gut bewirtschaftbar sein, um eine entsprechende Bewirtschaftungsintensität aufbauen zu können.

Hinsichtlich der Düngewürdigkeit gilt es jedoch neben den grundsätzlichen Anforderungen, wie Hangneigung, Bodenfeuchte und Nutzungsmöglichkeit auch die botanische Zusammensetzung bzw. die Pflanzengesellschaften in die Umsetzungsgedanken mitaufzunehmen. Aber Achtung: Einmal durch falsche Düngung zerstörte Pflanzengesellschaften können nicht mehr oder nur mit sehr großem Aufwand wiederhergestellt werden!

Düngbare Pflanzengesellschaften sind Fettweiden, wie Kammgrasweiden, Milchkrautweiden mit Alpenwegerich, Alpenrispengras und Goldpippau und Magerweiden auf saurem Boden mit Borstgras und geringem Anteil an Rotklee. Nicht düngbare Weideflächen sind (beispielhaft) Viehlägerfluren mit Almampfer, Alpenkreuzkraut und Rasenschmiele, Zwergstrauchheiden mit Heidekraut, Heidelbeere, Zwergwacholder, Alpenrose und Nassweiden/Moore.

Das rechte Maß
Prinzipiell gelten auf der Alm in Bezug auf die Düngung dieselben Grundsätze wie im Tal. Die Nährstoffe in den Wirtschaftsdüngern sollen, angepasst an den Bedarf der Wiesen und Weiden, mit möglichst wenig Verlust, wieder dem Boden und den Pflanzen zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet: Gülle ist jedenfalls verdünnt (min. 1:1) auszubringen und Mist möglichst angerottet, Jauche gut verdünnt (min. 1:3). Nicht nur hinsichtlich der auf die Nutzung abgestimmten Düngung gelten die gleichen Bestimmungen wie im Tal sondern auch im Hinblick auf die rechtlichen Grundsätze. So weist die Nitrat-Aktionsprogramm Verordnung (2023) im Abschnitt VI eine Obergrenze von 20 kg jahreswirksamen Stickstoff je ha bei niedriger Ertragslage aus und 30 kg jahreswirksamer Stickstoff bei mittlerer Ertragslage. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese angeführten Werte für Almfutterflächen sich auf die zusätzlich zur Weide möglichen Stickstoffdüngergaben beziehen. Dies würde bei einer mittleren Milchleistung (6.000 kg) und einem Güllesystem bei einer niedrigen Ertragslage eine maximale Düngermenge von 20 m³/ha und einer hohen Ertragslage 30 m³/ha Gülle (1:1 verdünnte Gülle) bedeuten.

Jedenfalls muss man sich dessen bewusst sein, dass die Düngung den Trockenmasse-Ertrag, die botanische Zusammensetzung und die Futterqualität beeinflusst. So bewirkt eine Stickstoffdüngung in der Regel eine Steigerung der Trockenmasse-Erträge. Das beruht auf einem intensiveren Wachstum der Gräser auf Kosten der Kleearten. In höheren Lagen muss dieser Grundsatz differenzierter betrachtet werden: Hier führt eine Erhöhung der Düngung sehr rasch zu einer Zunahme unerwünschter Kräuter und somit nicht zur gewünschten Ertragszunahme. Stickstoff, Phosphor und Kali sind Mengennährstoffe, die ertragswirksam werden, wenn der Boden ungenügend versorgt ist. Hierbei sollte der PK-Düngung besonderes Augenmerk geschenkt werden. Langjährige Erfahrungen und Düngeversuche haben gezeigt, dass die PK-Düngung in höheren Lagen sich sehr positiv auf die botanische Zusammensetzung (kleefördernd) und damit auf Ertrag und Qualität des Weidefutters auswirkt. Jedoch wird in Bezug auf die PK-Düngung auch auf die „verhängnisvolle Spirale“ hingewiesen bzw. ist zu beobachten: mehr Dünger (PK-Düngung) mehr Tiere mehr Dünger (Gülle)  Verunkrautung guter Weideflächen. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass sich die Düngung im Tal von der Düngung am Berg in gewissen Punkten unterscheidet und die sensible alpine Pflanzenwelt, die kürzere Vegetationszeit und Metabolisierungsrate im Boden in der Düngung berücksichtigt werden müssen.

An dieser Stelle muss auch mit einem Mythos aufgeräumt werden: Die intensive Gülledüngung von Borstgrasweiden verdrängt das Borstgras! In den einzelnen jahrelang durchgeführten Düngeversuchen in Hochlagen konnte diese Beobachtung nie verifiziert werden. Borstgras ist zwar ein Zeiger für magere Standorte, jedoch auch für Böden mit sehr tiefem pH-Wert (extreme Podsolböden mit pH-Wert unter 4,6). Wichtige Weidegräser können sich bei so sauren Bedingungen nicht durchsetzen. Durch eine kräftige, einmalige Phosphor-Kali-Kalk-Düngung oder reine Kalkdüngung (granuliert empfohlen) ist es möglich, den Rasen auf hochgelegenen Borstgrasweiden durch die Anhebung des pH-Wertes nachhaltig quantitativ und qualitativ zu verbessern. Es ist bekannt, dass Phosphor die Aktivität der Mikroorganismen anregt. Diese fördern sodann die Mineralisierung von Stickstoff durch den Abbau von organischem Material. Eine erstmalige Anwendung phosphorhaltiger Dünger (Handelsdünger oder Mist) in „gutartigen“ Magerweiden setzt somit die ganze Nährstoffmobilisierung und die vielfältigen Beziehungen zwischen Pflanze und Boden derart in Gang, dass sich die neu entstandene Fettweidegesellschaft unter dem Einfluss von Weidetier und Boden über sehr lange Zeit in einem bestimmten Gleichgewichtszustand halten kann. In Bezug auf den Zukauf von almfremden Düngern sind die Regelungen bzw. die entsprechenden Einschränkungen der Förderrichtlinien einzuhalten und zu berücksichtigen.

 

Zeitpunkt der Düngung
Der Zeitpunkt der Düngung hängt nicht nur von der Art des Wirtschaftsdüngers (Gülle- oder Mist/Jauchesystem), sondern vor allem auch von der Anfallsmenge an Wirtschaftsdünger (Stallhaltungszeit, Milchleistung etc.) ab. 

Bei einem Mist/Jauchesystem ist der Mist am Ende der Vegetationszeit auszubringen, damit dieser einwachsen kann. Die Jauche ist während der Vegetationszeit auszubringen. Allerdings sollte auf der Alm die Jauche während der Vegetationszeit besonders vorsichtig angewendet werden, da in der Jauche Stickstoff in sehr schnell verfügbarer Form (Ammonium) enthalten ist und demnach Pflanzengesellschaften, die langsam wüchsiger sind, verdrängt werden können. Jedenfalls, und das muss sich bei allen Almbewirtschafter­innen und -bewirtschafter als Grundsatz manifestieren, ist die Jauche gut zu verdünnen (min. 1:3)! Bei der Gülle ist auf großen Milchviehalmen aufgrund von zu geringen Lagerkapazitäten meist eine Düngung unterjährig während der Vegetationszeit durchzuführen. 

Sofern eine Düngung während der Vegetationszeit notwendig ist, ist es absolut unerlässlich die Gülle gut zu verdünnen, um so die Infiltrationsrate in den Boden zu erhöhen. 

Je flüssiger eine Gülle ist, desto besser kann sie in den Boden hineinfließen (infiltrieren). Dies führt aus praktischer Erfahrung dazu, dass die Rinder schon nach wenigen Wochen (meist zwei Wochen) wieder im Bestand fressen. Vielfach sprechen Almbewirtschafter von einem „schleierhaften Gülleüberzug“. Wird zu dicke Gülle aufgebracht, kann diese nicht in den Boden infiltrieren und bleibt auf den Blättern bzw. in den Blattachseln der Gräser liegen. Dies kann in weiterer Folge in Bezug auf die Milchqualität zu erheblichen Problemen führen, was ein absolutes Knock-out Kriterium auf Sennalmen darstellt. Nicht zuletzt sei noch erwähnt, dass insbesondere auch ein „Güllewetter“, also eine feuchte, kühle Witterung abzuwarten ist. Idealerweise braucht es nach der Ausbringung von Gülle mindestens 10 mm Niederschlag, dass die Gülle in den Boden geregnet wird. Ein sommerlicher Regenspritzer reicht meist nicht aus.

Alternative in der Gülletechnik
Alternativen in der Gülletechnik, wie Schleppschuh und Separierung, sind derzeit im Boomen und erfreuen sich höchster Fördersätze. Eine Alternative zur klassischen Wirtschaftsdüngerausbringung bzw. in diesem Fall zur Verdünnung stellt die Separierung dar. Eine Separierung bedeutet die Trennung von flüssiger und fester Phase. Dabei kann bei der Flüssigphase, auch Dünngülle genannt, eine Volumsreduktion von mindestens 10% erreicht werden. Als Faustzahl gilt weiters auch, dass je m³ Gülle in etwa ein Viertel an Feststoffseparat anfällt, der Rest ist Dünngülle. Wichtig ist zu wissen, dass das Dünngülleseparat sich vom Feststoffseparat in Bezug auf die Wirksamkeit des Stickstoffes unterscheidet. So ist der Ammoniumanteil (schnellwirksamer Stickstoff) in Dünngülle deutlich höher als im Feststoffseparat. Dies führt dazu, dass das Feststoffseparat auf Flächen mit einer langsam wachsenden Pflanzengesellschaft und die Dünngülle auf intensiven Koppelweidebereichen eingesetzt werden kann. Dadurch kann gezielt auf den Standort bzw. die Pflanzengesellschaft gedüngt und damit die Pflanzen optimal versorgt werden. Zusätzlich ist meist ein eigenes Güllefass auf einer Alm wenig bis gar nicht rentabel. Die Problematik der Doppelmechanisierung bei Separierung (Güllefass und Miststreuer) ist sohin auf der Alm kein Thema, da die Wirtschaftsdüngerausbringung ohnehin immer überbetrieblich zu erfolgen hat. Im Zuge dessen muss auch darauf hingewiesen werden, dass das Feststoffseparat trotz einer ähnlichen Wirkung wie Festmist nicht als solcher, sondern rechtlich immer noch als „Gülle“ zu titulieren ist und demnach nicht vom Tal auf die Alm transportiert werden darf (Verbot der Zufuhr almfremder Gülle).

Erstveröffentlichung in „Der Alm- und Bergbauer“, Ausgabe August/September 2023.
(c) Bilder: Johann Jenewein