Haftungsfalle Winterdienst
Der Winter steht bevor und damit kommte eine Zeit, die kaum ohne Unfälle und Haftungsansprüche vorübergehen wird. Als Erinnerung beleuchtet Andrea Rainer die Rechtslage zur Wegehalterhaftung, insbesondere zum Winterdienst.
„Die Gemeinde X soll für Rutschpartie zahlen“, so lautet die Schlagzeile in einer Tageszeitung. Auf einer Straßenbrücke, deren Fahrbahn vereist war, ist ein Autofahrer ins Schleudern geraten. Das Fahrzeug touchierte das Brückengeländer, ein erheblicher Sachschaden am Pkw war die Folge. Daraufhin forderte der Lenker von der Gemeinde den an seinem Auto entstandenen Sachschaden ein.
Die „Mutter aller Haftungsbestimmungen“ in diesem Bereich ist der § 1319a des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). Demnach haftet der Halter eines Weges, wenn durch den mangelhaften Zustand des Weges ein Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird, sofern er oder seine Leute den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben. Welches Maß an Sorgfalt anzuwenden ist, richtet sich nach der Art des Weges und der objektiven Zumutbarkeit.
Halter eines Weges ist, wer die Kosten der Errichtung und Erhaltung trägt und die tatsächliche Verfügungsmacht hat, solche Maßnahmen zu setzen. Die Haftung des Halters erstreckt sich auch auf seine Leute (zB. Dienstnehmer oder auch Gehilfen). Für den Begriff „Leute“ ist ein gewisses Naheverhältnis zum Wegehalter erforderlich, das es diesem ermöglicht, seinen Leuten gegenüber konkrete Anordnungen durchzusetzen. Nicht erfasst sind selbständige Unternehmer mit eigenem Organisations- und Verantwortungsbereich. In diesem Fall haftet der Wegehalter nur, wenn er den Unternehmer nicht sorgfältig ausgewählt oder seine Überwachungspflicht verletzt hat.
Zur Erklärung
Wege sind z.B. Autobahnen, Bundesstraßen, Rad- und Gehwege, Wanderwege, Rodelbahnen, Schipisten, Langlaufloipen, Klettersteige. Zu den Wegen zählen auch Anlagen wie eine Brücke, Stützmauer usw.
Mangelhaft ist der Zustand eines Weges, wenn aufgrund vernachlässigter Instandhaltung oder Bestreuung der Fläche unübliche Schäden entstanden sind, Gefahrenquellen (z. B. Schnee und Eis) nicht beseitigt oder Sicherungseinrichtungen fehlen.
Ist der Schaden bei einer unerlaubten Benützung des Weges entstanden, kann sich der Geschädigte nicht auf den mangelhaften Zustand berufen, wenn ihm die Unerlaubtheit erkennbar war, z.B. aufgrund einer Abschrankung oder einer Betretungs- und Fahrverbotstafel.
Die Wegehalterhaftung ist eine Deliktshaftung und setzt zumindest grobe Fahrlässigkeit voraus.
Achtung bei vertraglicher Wegehalterpflicht
Die Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit gilt nicht für eine vertragliche Wegehalterpflicht, wie sie z.B. bei Mautstraßen, Schiabfahrten oder Rodelbahnen in Verbindung mit einem Schipass/einer Liftkarte gegeben ist.
Vertragliche Überwälzung der Schneeräumpflichten
Alle Pflichten rund um den Winterdienst können vertraglich übertragen werden, z.B. an ein Schneeräumungsunternehmen wie den Maschinenring. Ist der Straßenbereich im Falle einer vorhandenen Beauftragung nicht ausreichend geräumt und gestreut, haftet im Falle einer Verletzung das beauftragte Unternehmen bereits ab leichter Fahrlässigkeit.