Strategien der Waldbewirtschaftung in Zeiten des Klimawandels

Mischwald-Aufforstung ist die Zukunft, hier z.B. mit Eichengruppen

Die aktuellen Klimaänderungen bringen große Herausforderungen für Waldbewirtschafter mit sich. Die Existenz von Waldbauern ist gefährdet. Große Schadholzmengen führen zu massiven Ertragseinbußen. Dem gegenüber stehen hohe Investitionskosten zur Wiederbewaldung. Betriebe suchen nach Antworten, wie sie in Zukunft weiterarbeiten sollen. Welche Maßnahmen werden sich in den nächsten Jahrzehnten bewähren? Welche Baumarten soll man wählen? Hier ein Versuch, mögliche Wege aufzuzeigen.
Von Martin Schober, Leiter Forst & Energie, Maschinenring-Service NÖ-Wien eGen

Zunächst ein paar Worte zum Ursprung des Problems
Klimawandel bedeutet unter anderem, dass sich Niederschlagsverhältnisse verändern. Vereinfacht gesagt bleiben zwar die durchschnittlichen Jahresniederschlagsmengen in etwa gleich, im Südosten nehmen die Niederschläge im selben Ausmaß ab wie sie in Westösterreich zulegen. Die Häufigkeit der Niederschläge steigt aber im Winterhalbjahr, es verlängern sich daher die Trockenperioden und Starkregenereignisse im Herbst und Frühjahr nehmen zu.

Klimawandel bedeutet auch, dass die durchschnittliche Jahrestemperatur in Österreich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts bereits um über 15% gestiegen ist.

 

Hitzetage nehmen entsprechend zu und kalte Nächte werden seltener. Die Schneefallgrenze steigt und die Dauer der Schneebedeckung reduziert sich um bis zu 30 Tage. Wenn dann Schnee kommt, dann oft in Form schweren Nassschnees. Das bringt unsere Wälder, über weite Flächen vor allem sekundäre Nadelwälder, massiv unter Druck. Im Kielwasser dieser Dynamik entwickeln sich Schädlinge wie Borkenkäfer dramatisch und neue Waldschäden kommen hinzu. Die Frage ist nun, „Was tun?“.

Welche Maßnahmen sollen heute getroffen werden, die auch in den nächsten 100 Jahren die richtigen sein werden?
Grundsätzlich sollten wir uns auf das besinnen, was in der forstlichen Ausbildung geschult wird. Gemeint ist damit, dass zunächst starkes Augenmerk auf den Boden als Grundlage von Waldbewirtschaftung gelegt werden muss. Manche Misserfolge von Aufforstungen sind nicht auf mangelndes Wasser oder auf Hitzeperioden zurückzuführen, sondern einfach auf falsche Standortwahl für die falsche Baumart. Douglasie ist beispielsweise nicht in der Lage, im Pseudogley Stauhorizonte aufzuschließen, die Eiche kann das aber und kommt mit ihren Wurzeln an nieder gelegene Grundwasserressourcen heran.
Bei der Aufforstung sind Setzfehler zu vermeiden. Gleiches gilt für Fehler bei der weiteren Pflege. Wurden beispielsweise geeignete Pflanzen für einen Standort ausgewählt, ist in den ersten Wochen auf ausreichende Wasserversorgung zu achten. Bei geringer Wasserverfügbarkeit gilt grundsätzlich, dass Konkurrenzbewuchs zu vermeiden ist. Zeitgerechte Kulturarbeit ist geboten. Wichtig beim Setzen sind geeignete Schnittmaßnahmen, gute Lagerung des Pflanzenmaterials gegen Austrocknen und das richtige Setzverfahren (Lochpflanzung!). Die über Jahre praktizierte Winkelpflanzung ist definitiv abzulehnen, weil eine zufriedenstellende Wurzelentwicklung dadurch grundsätzlich unmöglich ist. Schulmäßig bearbeitet werden sollte die Festsetzung eines Aufforstungszieles, eines Pflegezieles und eines Bestockungszieles im Umtriebsalter. Auch wenn viele zukünftige Entwicklungen schwer vorhersehbar sind, ist das Vorausdenken der Zielbestockung im jeweiligen Entwicklungsalter Grundlage dafür, dass Fehler beim Pflanzverband, bei den Mischungsverhältnissen und in der Pflege vermieden werden. Es muss vorab klar sein, welche Baumart im Endbestand dominierend sein soll und welche als dienende Baumart im Laufe der Zeit entfernt werden wird. Dabei ist es wichtig, den Bäumen jenen Platz einzuräumen, den sie im Endbestand brauchen werden. Bei Eiche wären Endbestockungsziele von über 70-80 Stück am Hektar definitive Fehler. Eichen brauchen einen Standraum von etwa 12 Metern. Nicht zuletzt ist vorauszudenken, wie die Pflegemaßnahmen und die Ernte möglichst pfleglich erledigt werden soll. Bäume kurzer Umtriebe wie die Kirsche müssen so eingebracht werden, dass sie auch bei der Ernte aus den Beständen gebracht werden können, ohne den verbleibenden Eichenbestand zu schädigen. Womit wir schon bei der ersten strategischen Maßnahme für die Zukunft sind, denn die Mischung mehrerer Baumarten auf einer Fläche zur Streuung des Risikos ist geeignet, um für verschiedenste Zukunftsszenarien gewappnet zu sein.

Was tun in Beständen, die offensichtlich nicht stark vom Klimawandel betroffen sind?
In derartigen Fällen ist auch nach Meinung der geschätzten Kollegen der Forschung, ein Zuwarten empfohlen. Die bisherige Bewirtschaftung ist beizubehalten, bis neue Erkenntnisse oder klarere Klimaprognosen vorliegen.

Was tun in Beständen, die stark vom Klimawandel betroffen sind, deren Nutzung aber noch bevorsteht?
Kurz- und mittelfristig können Maßnahmen getroffen werden, die die Widerstandskraft der Wälder erhöhen und das Risiko zukünftiger Unsicherheiten reduzieren. Im bestehenden Bestand kann die Vitalität des einzelnen Baumes durch geeignete Pflegemaßnahmen erhöht werden. Ein gesunder Baum mit entsprechender Krone ist widerstandfähiger als ein geschwächter Baum mit stark verkürzter Krone. Zeitgerechtes Durchforsten gewährleistet eine entsprechende Kronenausbildung. Eine weitere Maßnahme ist das Absenken der Umtriebszeit. Auch hier sind geeignete Durchforstungsmaßnahmen und eine möglichst rasche Nutzung des Holzes zu empfehlen. Viele Waldschäden sind auch auf Überalterung der Bestände zurückzuführen. Die aktuellen Waldschäden zeigen leider deutlich, wie hoch das Risiko ist, wenn nutzungsreife Bäume länger als notwendig stehen bleiben. Es kann ein Totalverlust drohen. Erntereifes Holz sollte daher bei gutem Preis möglichst rasch vermarktet werden. Laufende Waldbewirtschaftung und Absenkung der Vorräte ist Gebot der Stunde. Zieldurchmesser sollten verringert werden. Nicht zuletzt ist durch die laufende Pflege und Nutzung eine Erhöhung der Strukturvielfalt möglich. Das gewährleistet in schwer planbaren Zeiten die Chance, mehrere Reaktionsvarianten verfügbar zu haben. Grundlage dafür ist sicher ein angemessener Wildstand und die Reduktion des Wildeinflusses.

Was tun in Beständen, die bereits massiv geschädigt sind oder zur Gänze ausgefallen sind?
Was also zum Beispiel tun nach Käferbefall oder flächigem Ausfall von Laubholz in Folge Eschentriebsterben etc.? Um für die Zukunft gewappnet zu sein, sollte eine Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Bestände angestrebt werden. Das erreicht man durch aktiven Baumartenwechsel und Erhöhung der Baumartenvielfalt. In Beständen, in denen mit Naturverjüngung zu rechnen ist, kann in der Pflege auf die Baumartenzusammensetzung und -vielfalt Einfluss genommen werden. Mischwuchsregulierung ist eine geeignete Maßnahme. Die natürliche Sukzession sollte zugelassen werden. Pioniergehölze wie die Birke stellen ein natürlich geschenktes hohes Gut dar, mit dem in vielerlei Hinsicht gearbeitet werden kann. Der Vorwald bringt gute Chancen mit sich. Besonders attraktiv kann die Begründung eines Vorwaldes beispielsweise durch Saat sein. Der Vorwald, etwa aus Birke, wirkt bodenverbessernd, schafft geeignetes Kleinklima und kann auch attraktive Alternativen bringen, denn auch die Birke ist bei ordentlicher Pflege zu guten Qualitäten erziehbar. Die Integration von anbauwürdigen Gastbaumarten (Dougl., Rotei, KüstenTa) ist bei diesen Überlegungen besonders wichtig, denn veränderte Klimabedingungen bedeuten wohl auch Änderungen unserer Waldbilder. Ist eine Aufforstung notwendig, ist nach Käferbefall über eine 2-jährige Schlagruhe nachzudenken, um Rüsselkäferbefall in der Kultur vorzubeugen. Erfolgt die Pflanzung, liegt die Herausforderung darin, eine breite Vielfalt auf die Fläche zu bekommen.

Welche Baumarten sollen endbestandsbildend sein? Welche Baumarten dienen dazu, die Zielbaumarten zu fördern?
Ein Beispiel dazu: Bewährt haben sich Gruppenaufforstungen mit Buntlaubholz. Das für die Holzindustrie wichtige Nadelholz kann in die Rolle der dienenden Baumart schlüpfen. Fichte kann also zur Unterstützung von Eiche gesetzt werden. Die Fichte erzeugt den notwendigen Druck, sodass die Eiche rasch in die Höhe wächst. Im Laufe der Jahre wird die Fichte herausgenutzt und wenn möglich als Faserholz mit Deckungsbeiträgen verwertet.

Grundsätzlich kann unter Anlehnung an Kollegen der Wissenschaft zusammengefasst werden: 

  • Eine radikale Neuausrichtung des Waldbaus ist nur auf Hochrisikostandorten empfohlen.
  • Mischbestand aus möglichst vielen Baumarten sind zu begründen.
  • Im Sinne einer Risikominimierung sind solche Baumarten zu bevorzugen, die ein möglichst hohes Anpassungspotenzial an zukünftige Klimabedingungen aufweisen. Beispielsweise solche, die Wasser in höheren Tiefen erreichen können (Eiche, Tanne). 
  • Mischungen aus Baumarten mit möglichst unterschiedlichen ökologischen Ansprüchen sichern gegen zukünftige Klimaextreme ab.
  • Wo es sinnvoll ist, Naturverjüngung forcieren. Die hohe genetische Vielfalt bietet Handlungsspielraum für die Zukunft. 
  • Rechtzeitige und konsequente Pflegeeingriffe, um Vitalität und Stabilität der Einzelbäume zu erhöhen. 
  • Chancen und Risiken fremdländischer Baumarten sind frei von Vorurteilen abzuwägen. 
  • Angepasste Wildbestände sind Grundlage für den Erfolg. 
  • Laufende Waldbewirtschaftung, Absenkung der Umtriebszeit und Reduktion der Vorräte.