MR-Cluster: Anforderungen an ein modernes Wirtschaftsdünger-Management

Modernes Wirtschaftsdüngermanagement

Gastartikel zur Verfügung gestellt von DI Alfred Pöllinger und DI Andreas Zentner, HBLFA Raumberg Gumpenstein

Wirtschaftsdünger haben in der österreichischen Landwirtschaft im Sinne der Kreislaufwirtschaft und als Basis einer guten Nährstoffversorgung und Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit eine große Bedeutung. Dass es allerdings nicht nur um das Erfordernis der sachgerechten Düngung im Zusammenhang mit unseren Wirtschaftsdüngern geht, ist vielen LandwirtInnen bereits selber indirekt oder auch direkt bewusst geworden. 

So verlangt die übrige, nicht mehr mit der Landwirtschaft so intensiv verwurzelte Zivilgesellschaft eine weitestgehend „unbelastete“ (Lärm, Geruch, Wasser,…) Umgebung, die aber auch landwirtschaftlich genutzt wird. In diesem Spannungsfeld steht nun zusätzlich verschärfend eine EU-getragene Richtlinie zur Umsetzung bereit. 
Die sogenannte „NEC Richtlinie“ gibt den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten Höchstmengenbegrenzungen von Schadgasen vor. Im Bereich der Landwirtschaft ist es der Ammoniak, der zu den Feinstaub-Vorläufersubstanzen gezählt wird. 
94 % des Ammoniaks stammen aus dem Wirtschaftsdüngermanagement der Landwirtschaft. 45 % gehen dabei bei der Wirtschaftsdüngerausbringung verloren. Damit ist die Ausbringung der am stärksten betroffene Aktivitätsbereich innerhalb der landwirtschaftlichen Aktivitäten. Den Stallungen und den Wirtschaftsdüngerlagern zusammen sind 50 % der Ammoniakemissionen zuzuordnen. 
 
Verteilt auf die Tierkategorien, stammen annähernd 60 % aus der Rinderhaltung,  25 % aus der Schweinehaltung und 10 % aus der Geflügelhaltung. Den Rest teilen sich die anderen Tierkategorien.
 
Bis zum Jahr 2030 müssen die Ammoniakemissionen um 12 % (Basisjahr 2005 mit 62,2 kt Ammoniak) reduziert werden. Heute produzieren wir allerdings jährlich bereits 68 kt Ammoniakemissionen. Damit müssen wir bereits über 20 % reduzieren!
 

Was ist in den kommenden 10 Jahren zu tun?

 
Um den Anforderungen aus der NEC Richtlinie jedenfalls einigermaßen gerecht werden zu können, braucht es Anstrengungen in allen Aktivitätsbereichen und bei allen Tierarten!
 
In der Wirtschaftsdüngerausbringung steckt allerdings der stärkste und am raschesten umsetzbare „Hebel“. Damit ist insbesondere die Notwendigkeit der deutlichen Erhöhung an bodennah ausgebrachter Gülle zu verstehen. 
 
Derzeit werden nur etwa 5 % der Gülle in Grünland bodennah ausgebracht, 95 % immer noch breitflächig. Am Acker liegt der Anteil bereits bei 30 %. Das Ziel muss es sein, dass wir im Grünland wenigstens 40, besser 50 % der Gülle bodennah ausbringen. Auf Ackerflächen müsste der Anteil ebenfalls verdoppelt werden. 
 
Die Vorerhebungen zur neuen GAP laufen bereits. Seitens der Fachleute und der Beratung wird eine Anhebung der Ausbringförderung gefordert – € 1,50/m3 für Gülle die mit dem Schleppschlauch ausgebracht wurde, € 1,60/m3 für Schleppschuhgülle und € 2,00/m3 für Gülle die mit Schlitzdrillgeräten ausgebracht wird. 
Gleichzeitig sollen Einschränkungen, wie die maximal geförderte Ausbringmenge von 30 m3/ha deutlich angehoben werden. 
Rund 12 Mio € würde diese Fördermaßnahme kosten, allerdings angesichts der drohenden Strafzahlungen eine äußerst sinnvolle und effiziente Umweltmaßnahme darstellen. 
 
Damit ergibt sich ein deutlicher Druck bei der Neuanschaffung von Gülletechnik. In Deutschland ist für diese Gülletechnik derzeit mit fast zwei Jahren Lieferzeit zu rechnen. Deshalb ist rasches Handeln gefragt!
 
Damit insbesondere am Grünland die bandförmig abgelegte Gülle nicht in das Futter einwachsen kann, ist die Gülle entweder zu verdünnen (Sommergülle 1:1) oder bei größeren Transportentfernungen zu separieren. Auch hinsichtlich Gülleseparierung ist an eine Kubikmeterförderung gedacht, um die hohen Herstellungskosten von 3 bis 5 Euro pro Kubikmeter entsprechend reduzieren zu können. Spätestens bei Feld-Hofentfernungen von 5 km und mehr wird die Gülleseparierung bereits aufgrund der eingesparten Transportkosten wirtschaftlich interessant. Der Güllefeststoff kann auch als Einstreualternative zu Stroh in Tiefboxen verwendet werden. 
Dabei sind insbesondere bei überbetrieblicher Gülleseparierung Hygienestandards durchzuführen! 
Es darf keine Güllefeststoff von anderen Betrieben als Einstreu mitgeschleppt werden. Die Infiltrationseigenschaften (in den Boden Eindringen) der separierten Gülle sind im Vergleich zu einer unbehandelten Gülle jedenfalls deutlich verbessert und die Neigung zur Futterverschmutzung deutlich reduziert. 
 

Weitere Maßnahmen, die jedenfalls notwendig sind:

  • Unmittelbare Einarbeitung von Festmist auf Acker (innerhalb von 4 Stunden, maximal nach 12 Stunden)
  • Güllewetter zum Ausbringen nutzen (feucht-kühle Witterung)
  • Harnstickstoff unmittelbar nach der Ausbringung einarbeiten
     
Bauliche-technische Maßnahmen im Stallbau, bei der Lagerung (NEU):
  • Laufgangfläche sauber halten (Schieberfrequenz erhöhen, Entmistungsroboter einsetzen, …)
  • Rillenboden nachrüsten und Kammschieber einbauen (Rillenboden aus Gummi sind seit 2019 verfügbar)
  • Erhöhte Fressstände mit Seitenabtrennungen bauen (Mistgangbreite mit 2,5 m, max. mit 3,0 m planen) 
  • Laufgänge mit 3 % Quergefälle und Harnsammelrinne bauen
  • Strohstallungen mit genügend Einstreu führen – trocken, sauber!
  • Neue Güllelager nur mehr mit Abdeckung bauen – Förderung nutzen!
  • Bestehende Güllelager ohne Schwimmdecke (Mastschweinegülle) mit Schwimmkörper abdecken
 

Zusammengefasst

  • 94 % der Ammoniakemissionen stammen aus der Landwirtschaft. Diese sind um rund 20 % bis zum Jahr 2030 zu reduzieren. Die Wirtschaftsdüngerausbringung ist dabei besonders gefordert. In Deutschland ist ab 2025 die breitflächige Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern verboten. In Österreich sollten wir bis 2030 wenigstens 50 % der Gülle bodennah ausbringen. Nachdem in den gebirgigen Regionen die derzeit verfügbare Technik geeignet ist Gülle in großen Mengen bodennah auszubringen, ist auf den weniger steilen Flächen (bis 20 % Hangneigung) und auf Flächen mit einer brauchbaren Struktur (nicht verwinkelt) die Gülle streifenförmig mit Schleppschlauch, Schleppschuh oder Schlitztechnik auszubringen. 
  • Die ÖPUL Fördersätze für bodennahe Gülleausbringung werden derzeit überarbeitet und sollten ab 2022 attraktiver sein als bisher. 
  • Die Gülleseparierung ist wesentlich stärker in die Betrachtung mit einzubeziehen. Insbesondere bei hohen Transport-entfernungen sind die Mehrkosten gut abzudecken. 
  • Festmist und Harnstoffdünger müssen auf unbestellten Ackerflächen unmittelbar eingearbeitet werden.
  • Beim Stallbau sind die Möglichkeiten der Einsparung deutlich schwieriger zu erreichen. Neue Güllelager sind in jedem Fall abzudecken. Rillenboden, Laufgänge mit Quergefälle, erhöhte Fressstände und Ähnliches mehr sind Maßnahmen, die nicht sofort umgesetzt werden und damit nur langsam wirksam werden können. 
    Umso mehr müssen an die 50 % der Einsparungen über die richtige Auswahl und den Einsatz der Wirtschaftsdüngerausbringtechnik erreicht werden.

 

Der Autor

Dipl.-Ing. Alfred Pöllinger
  • 1990 Abschluss des Studiums an der Univ. f. Bodenkultur
  • Seit 1990 an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein
  • Ab 1997 Leiter der Abteilung Innenwirtschaft und stellvertretender Institutsleiter des Institutes Tier, Technik, Umwelt
Fachliche Schwerpunkte:
  • Wirtschaftsdüngertechnik (Stall- und Hoftechnik, Ausbringung, Aufbereitung, Emissionen, Güllezusätze)
  • Grünlandtechnik (Ernte-, Pflege- und Nachsaattechnik, Konservierung – Futterqualität)
  • Heutrocknungstechnik

A. Pöllinger A. Zentner

Oben: Autor DI Alfred Pöllinger, unten: Co-Autor DI Andreas Zentner