Krisenmanagement in Zeiten von Corona und Klimawandel

Wie der Maschinenring Niederösterreich-Wien mit Krisen umgeht

Der Maschinenring ist eine der wichtigsten landwirtschaftlichen Organisationen. Als Selbsthilfegruppe in den 1960er-Jahren gegründet, wuchs er mit den Jahren zu einem großen Dienstleistungsbetrieb mit über 2.000 fix Angestellten in mehr als 80 Geschäftsstellen österreichweit an.
Der Maschinenring Niederösterreich-Wien im Konkreten feiert heuer sein 50-Jahre-Jubiläum und es ist gut möglich, dass das neuartige Coronavirus ihn nun verstärkt zu seinen nach wie vor tiefen Wurzeln zurückführt: nämlich zur sozialen und wirtschaftlichen Betriebshilfe und somit zur Unterstützung der Landwirte und seiner Mitglieder. 

Ein Gespräch mit DI Gernot Ertl, Landesgeschäftsführer Maschinenring Niederösterreich-Wien.

Die Maschinenringorganisation ist bei der Plattform „dielebensmittelhelfer.at“ an der Umsetzung beteiligt. Es werden über diese Plattform Arbeitskräfte für die Lebensmittelurproduktion gesucht, da die ausländischen Hilfskräfte ausfallen. Wo liegen die Chancen, wo die Herausforderungen oder auch die Hemmschwellen? Wie kann der Maschinenring hier sein landwirtschaftliches Netzwerk nutzen?

Ertl: Bislang haben sich mehrere Tausend Menschen gemeldet, die – zum Teil freiwillig – bei Produktion und Ernte mithelfen und so unsere Lebensmittelversorgung sichern möchten. Wir finden das prinzipiell großartig! Die große Herausforderung jedoch liegt darin, das Anforderungsprofil so zu schärfen, dass sich verstärkt Menschen melden, die für diese Arbeiten auch wirklich geeignet sind. Die Betriebe brauchen Hilfskräfte, die am besten vollzeitverfügbar sind, also mindestens 8 Stunden täglich. Sie müssen mobil und körperlich belastbar sein und im besten Fall auch Erfahrungen und Qualifikationen in der Landwirtschaft mitbringen. Unsere MitarbeiterInnen in den Maschinenringen geben ihr Bestes, um all die Wünsche und Bedürfnisse aufeinander abzustimmen. Wir bitten um Geduld bei den Betrieben, die Hilfskräfte suchen, aber auch bei den Freiwilligen, die sich über die Plattform gemeldet haben. Der Maschinenring ist hier permanent in Abstimmung mit der Landwirtschaftskammer NÖ, um die Vermittlungstätigkeit laufend zu optimieren.

Wie kann der Maschinenring NÖ-Wien derzeit seine LandwirtInnen und Mitglieder unterstützen?

Ertl: Die Coronakrise führt uns gerade verstärkt zu unseren Wurzeln zurück: nämlich zur sozialen und wirtschaftlichen Betriebshilfe, die immer schon Kern unserer Arbeit war und nach wie vor ist. Auch unsere Landwirtinnen und Landwirte sind nicht davor gefeit, zu erkranken – und hier kommt die Maschinenring Betriebshilfe zum Einsatz. Wir kümmern uns um eine Vertretung, die dann unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen die Arbeit am Hof übernimmt. Ein Arbeitsausfall am eigenen Betrieb führt nicht nur zu persönlichen und familiären, sondern im Extremfall auch zu existenziellen Problemen.
Und wir unterstützen unsere LandwirtInnen, indem wir eben aktiv an der Plattform dielebensmittelhelfer.at mitarbeiten.

Können die von der Maschinenring-Service NÖ-Wien eGen angebotenen Dienstleistungen (Baummanagement, Forst- und Energiedienstleistungen, Gartengestaltung, Grünraumpflege, Reinigung, Winterdienst) während der Corona-Krise durchgeführt werden? 

Ertl: Zum Großteil ja. Wir unterscheiden hier jedoch ganz klar zwischen „nicht aufschiebbaren“ und „aufschiebbaren“ Dienstleistungen. Alle aufschiebbaren Dienstleistungen wurden vorerst auf nach Ostern verschoben, wobei wir natürlich die Entwicklungen beobachten und die diesbezüglich gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung zum Schutze unserer MitarbeiterInnen und Kunden einhalten.
Zu den „nicht aufschiebbaren“ Dienstleistungen zählen letzte Winterdienstarbeiten wie die Splittkehrung in Wien, die gemäß Feinstaubverordnung durchgeführt werden muss – dies ist bereits abgeschlossen. Außerdem sind unsere MitarbeiterInnen aus dem Bereich Reinigung im Einsatz – öffentliche Gebäude müssen derzeit verstärkt gereinigt und zum Teil desinfiziert werden. In der Baumpflege und -kontrolle werden jene Arbeiten durchgeführt, die dem Erhalt und/oder der Herstellung der Verkehrssicherheit dienen, und im Bereich Forst und Energie wird alles erledigt, was systemrelevant ist. Hier geht es vor allem um die laufende Bereitstellung von Biomasse und die unaufschiebbaren Forstarbeiten. Auch Waldpflegearbeiten sind nach wie vor voll im Gange beginnend bei der Auspflanzung bis hin zur Schlägerung von Großteils Käferbefallenen Forstbeständen.
Derzeit sieht es auch für die anderen Bereiche gut aus: Mit ausreichend Abstandhalten und Maskentragen können wir den Großteil erledigen und die vereinbarten Kundenaufträge erfüllen. Schließlich müssen auch jetzt ganze Firmenareale gepflegt und sauber gehalten werden: Heckenschneiden steht demnächst ebenso an wie Unkrautentfernung. Auch im Bereich Gartenbau blicken wir der Zukunft positiv entgegen: Viele ÖsterreicherInnen wollen oder müssen ihren Urlaub heuer zu Hause verbringen und möchten sich im eigenen Garten so richtig wohlfühlen.

Wie kann die Zukunft aussehen, wie wird sich der Dienstleistungsbereich des Maschinenring – Stichwort neue Hygieneauflagen – weiterentwickeln?

Ertl: Bis auf das Maskentragen und Abstandhalten wird sich hier für uns nicht viel verändern. Schon vor Corona hat der Maschinenring größten Wert auf Einhaltung von Sicherheits- und Hygienemaßnahmen gelegt. So werden unsere Arbeiterinnen und Arbeiter laufend geschult, es gibt für jeden einzelnen Bereich Sicherheits- und Arbeitsanweisungen. Wir waren also auch vor der Krise bereits gut gerüstet und müssen diesbezüglich nicht viel umstellen. Durch unsere ISO-Zertifizierungen verpflichten wir uns ohnehin zur Einhaltung modernster Sicherheits-, Umwelt- und Hygienestandards.

Corona ist heuer ja nicht die einzige Herausforderung. In wiefern ist der Maschinenring direkt vom Klimawandel betroffen? 

Ertl: Der Maschinenring ist sogar sehr stark vom Klimawandel betroffen. Auf der einen Seite im Bereich Forst, wo uns die Borkenkäferplage seit Jahren beschäftigt. Unsere Stärke liegt hier im Wiederaufforstungsbereich: Fichten-Monokulturen müssen, um in Zukunft bestehen zu können, in klimafitte Laub- und Mischwälder umgewandelt werden. Schwere Stürme und andere Naturereignisse fordern immer wieder unsere Einsätze. Und wo uns der Klimawandel ganz besonders trifft, ist natürlich die Sparte Winterdienst. Jeder spürt, dass unsere Winter milder und schneeärmer werden. Doch genau hier liegt die Herausforderung: Nicht nur frischer Schneefall oder eine geschlossene Schneedecke birgt Gefahren, ganz im Gegenteil: Glatteis wird oft unter- und falsch eingeschätzt. Denn Eis ist oft viel unberechenbarer als Schnee, und der Aufwand in milden Wintern ist nicht unbedingt geringer als in „normalen“ Wintern. Die Arbeit muss trotzdem reibungslos funktionieren, das Personal einsatzbereit sein. Dahinter steckt eine ausgeklügelte Logistik, die einen professionellen und vor allem schnellen Einsatz garantiert.
Der Winter zeigt sich von Region zu Region oft sehr unterschiedlich. Dies alles zentral zu organisieren, wie es viele unsere unmittelbaren Mitbewerber tun, davon halten wir nichts. Unsere dezentralen Büros in ganz Niederösterreich garantieren ein rasches, unkompliziertes und kundenorientiertes Handeln. Das ist unsere Stärke. 

Wie tragen Sie als Organisation zum Klimaschutz bei?

Ertl: Zum einen steigen wir sukzessive auf Elektroautos für unsere KundenbetreuerInnen um, zum anderen werden auch Arbeitsgeräte wie Kettensägen, Laubsauger oder Heckenscheren auf Akkugeräte umgerüstet. Das ist leiser, und somit für Menschen, die in der Nähe leben, und auch für unsere ArbeiterInnen angenehmer, und spart CO2. Beim Einkauf von Arbeitsstoffen achten wir auf umweltfreundliche Alternativen und vermeiden Wasserorganismen schädigende Stoffe. Wir kaufen, wo möglich, bei regionalen Lieferanten, um die Lieferwege kurz zu halten, versuchen, so weit es geht, papierlos zu arbeiten (Elektronische Lieferscheine und Rechnungen, papierlose Leistungserfassung und -übermittlung, und vieles mehr), und haben ein kompetentes Abfall- und Qualitätsmanagement-Team. Und unsere Mitglieder leben durch die Maschinengemeinschaften ohnehin seit Jahrzehnten gutes Ressourcenmanagement vor. 

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DI Gernot Ertl, MAS, ist seit mehr als 20 Jahren im Maschinenring tätig und seit Anfang 2019 Landesgeschäftsführer in NÖ. Ertl setzt mit einem sehr engagierten Team im derzeitigen Krisenmanagement vor allem auf intensive und offene Kommunikation mit den Führungskräften der regionalen Maschinenringe und den MitarbeiterInnen in den verschiedenen Schlüsselpositionen.