Die Wiesen durch abgestufte Nutzung (wieder) fit machen

Mit zunehmenden Trockenperioden, steigendem Engerlingsdruck und sehr oft unzureichender Nährstoffversorgung ist das Grünland zusehendes mehreren Stressfaktoren gleichzeitig ausgesetzt. Während gegen die Trockenheit in der Praxis kaum Handlungsspielräume vorhanden sind, ist die Minderung der Nährstoffunterversorgung und des Engerlingdrucks umso wichtiger, um auch in Zukunft noch Erträge aus dem Grünland erwirtschaften zu können. 

Mit der Spezialisierung der Betriebe hat sich die Grünlandwirtschaft in den letzten 30 Jahren massiv verändert: Von früher 3-mähdigem Grünland hat man die Nutzungsintensität auf bis zu 6 Schnitte pro Jahr gesteigert. Durch den technischen Fortschritt und die steigende Schlagkraft wurde es auch möglich, alle Flächen auf einmal zu ernten – „einmal darüber, alles vorüber“.

Die gesteigerte Nutzungsfrequenz führte zu einem deutlich erhöhten Nährstoffentzug, welcher in der Praxis oft in der Praxis oft nicht gedeckt werden konnte (z.T. aufgrund eingegangener ÖPUL-Verpflichtungen). Langjährig unterversorgte Bestände sind aber weniger vital und somit anfälliger gegenüber Verunkrautungen/Verungrasung (z.B. Gemeine Rispe) und Schädlingsbefall, wie die aktuelle Engerlingskatastrophe zeigt. 

Ein Lösungsansatz, die entzugsorientiere Nährstoffversorgung (wieder) in den Griff zu bekommen, ist die abgestufte Grünlandbewirtschaftung: Dabei werden die Grünlandflächen des Betriebes mit unterschiedlicher Nutzungsintensität, je nach Eignung und Ertragspotenzial, 2- bis 6-mähdig geführt. 

Was ist bei einer abgestuften Grünlandbewirtschaftung zu beachten?

  • Düngerhöchstgrenze 170 kg Rein-N (max. 210 kg Rein-N) pro ha und Jahr
  • 50 kg Rein-N Entzug pro Schnitt und ha
  • 300 – 400 kg CaO-Entzug pro ha und Jahr (entspricht 600 – 800 kg kohlensaurem Kalk)
  • Ertragsschwankungen von 6 bis 12 t TM/ha und Jahr
  • Qualitätsschwankungen: 12 bis 18 % RP/kg TM bzw. 5,0 bis 6,5 MJ NEL/kg TM

Weg von einer einheitlichen, hin zu einer differenzierten Nutzung der Grünlandschläge!

Für die abgestufte Bewirtschaftung sind der Grünlandbestand, das Ertragspotential, der Futterbedarf, die Feld-Hof-Entfernung, sowie die Bewirtschaftungseigenschaften der Feldstücke ausschlaggebend. Durch eine teilweise Nutzungsreduktion ist auch der Nährstoffentzug (und folglich der Nährstoffbedarf) auf diesen Flächen geringer. Es ist somit in Summe einfacher, alle Schläge entzugsgerecht zu düngen und trotzdem die Obergrenzen einzuhalten.

  1. Grünlandbestand:

In der Artenzusammensetzung besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen einem Grünland das 2- bis 3-mähig bzw. einem Grünland das 5- bis 6-mähig bewirtschaftet wird. Die Bestandszusammensetzung muss über einen Zeitraum von 3 – 5 Jahren an diese Bewirtschaftung herangeführt werden. Ziel ist es, über das Grünland energie- und eiweißreiches Futter einerseits und rohfaserhältiges Futter andererseits zu produzieren, um es dann gezielt in der Fütterung einsetzen zu können.

  1. Ertragspotential:

Das Ertragspotential der Schläge kann aufgrund von Bodenbeschaffenheit, Exposition (Nord- oder Südhang, …) und unterschiedlicher Witterungseiflüsse (Spätfrost, …) stark auseinandergehen. Es macht keinen Sinn, eine Wiese mit geringem Potential genau so intensiv wie eine Wiese mit hoher Ertragserwartung zu führen.

  1. Futterbedarf:

Je mehr ich bei der Produktion des Grundfutters unterscheide (siehe Punkt a), umso mehr kann ich Futterzukauf, vor allem Eiweißfutter und Stroh, reduzieren. Außerdem haben die Tiere je nach Alter oder Laktationsstadium unterschiedliche Ansprüche an das Futter. Extensives heu kann beispielsweise bestens in der Trockensteherfütterung (auch i.S.d. Milchfieberprophylaxe) verwertet werden.

Mit Unterstützung von Bund, Ländern und Europäischer Union

  1. Feld-Hot-Entfernung:

Da die meisten Betriebe neben den hofeigenen Flächen auch zugepachtete Flächen bewirtschaften, haben sich die Wegstrecken wesentlich erhöht. Bei einer transportbetonten Produktion (Ernte, Gülle, …), wie es im Grünland der Fall ist, spielt der Faktor Entfernung eine nicht unwesentliche Rolle. Diese Tatsache sollte bei den Überlegungen über die Mähhäufigkeit entfernter Standorte berücksichtigt werden.

  1. Bewirtschaftungseigenschaften der Feldstücke

Hier ist es wie der Feld-Hof-Entfernung. Zeit ist Geld, und unförmige Feldstücke mit Strommasten, Obstbäumen Felsen, Gräben, buckelige Oberfläche, Hanglage oder anderen Hindernissen sind vergleichsweise kostenintensiver zu bearbeiten und sollten deshalb ebenfalls nicht zu oft gemäht werden müssen.

Im Überblick

Vorteile:

  • Kosteneinsparung, da viele Fahrten wegfallen werden
  • Grundfutterqualität steigt
  • Nährstoffausnützung aus hofeigenem Dünger steigt und somit ist weniger Zukauf notwendig
  • Flächenbedarf könnte sinken, wenn die ertragsstarken Standorte die Erträge bringen, die sie zu leisten in der Lage sind
  • Biodiversität nimmt auf den nutzungsreduzierten Grünlandflächen zu (Grüne Wüste), die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber ertragsbetonter Bewirtschaftung steigt (Bienen, …)

Nachteile

  • Mehr Management für das Grünland notwendig
  • Unterschiedliche Erntezeitpunkte
  • In Betrieben mit geringem GVE-Besatz und ohne Möglichkeit von zeitweiser externer Nährstoffzufuhr (z. B. Biobetriebe) kann das Verhältnis von nutzungsreduzierten zu ertragsbetonten Flächen sehr weit werden. Eine akzeptable Grenze dürfte bei mind. 1,4 GVE/ha liegen, um noch genügend ertragsbetonte Flächen „ausdüngen“ zu können.

Wirtschaftlicher Vergleich von einem 5 Schnittbetrieb mit abgestufter Bewirtschaftung:

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Kalkulationsgrundlage: 30 € pro ha mähen; 16 € pro ha kreiseln; 17 € pro ha schwaden; 130 € pro Stunde Abfuhr; Entfernung Feld-Hof circa 5 km; gute Feldstücksausformung: 1. Schnitt: 0,7 Stunden pro ha = 91 €; 2. Bis 4. Schnitt: 0,5 Stunden pro ha = 65 €; 5. Schnitt: 0,4 Stunden pro ha = 52 €

Fazit: Betrieb B erspart sich durch die geringeren Arbeitsschritte ca. 2000 €/Jahr

Neben dem positiven Effekt der gesteigerten Biodiversität und der Möglichkeit, seine 5-Schnittwiesen bedarfsgerecht düngen zu können, bleibt auch noch Geld übrig.

Auf der Homepage der LK OÖ findet sich eine Excel-Berechnungstool, um die abgestufte Grünlandbewirtschaftung gesamtbetrieblich und schlagspezifisch optimieren zu können:

https://ooe.lko.at/ll-plnauntstool-agw+2500+2942955

Mit Unterstützung von Bund, Ländern und Europäischer Union