Maschinenring Schweden

Das Wort Maschinenring steht für Solidarität und Freundschaft. Besonders spürbar waren sie, als es uns mit großer Hilfe der Maschinenringe in Deutschland und Österreich gelang, die Idee einer bäuerlichen Selbsthilfeorganisation

auch in Schweden zu etablieren. Der MR Dalarna erblickte als erster schwedischerRing 1990 das Licht der Welt, bald gefolgt von weiteren Ringen in allen Landesteilen. Schweden war zu dieser Zeit noch nicht Mitglied der EU, der Agrarsektor stand unter sehr starkem wirtschaftlichem Druck. In dieser Zeit war ich in der Landwirtschaftsabteilung einer genossenschaftlichen Bank tätig und hatte die Aufgabe, den Maschinenring in meinem Heimatland zu etablieren. Wir wollten den Bauern in unserem Land ein System wechselseitiger Unterstützung anbieten, das sich in Deutschland und Österreich bereits bewährt hatte.

 

Reisen bildet

Um die Attraktivität der Maschinenring-Idee zu steigern, organisierten wir Studienreisen nach Deutschland und Österreich. Schwedische Landwirte und ihre Berater konnten die Maschinenringe in der Praxis kennen lernen und gemeinsam darüber diskutieren. Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre nahmen mehr als 600 Landwirte und Agrarexperten an den Reisen teil. Daheim in Schweden folgten dann Hunderte von Informationsveranstaltungen über den Maschinenring, die Reiseteilnehmer wurden zu Botschaftern der Idee, frei nach dem Motto „Wenn einer eine Reise tut, dann hat er etwas zu erzählen“. Die Bereitschaft zur Gründung von Maschinenringen wuchs, da die wirtschaftlichen und sozialen Vorteile sich immer deutlicher abzeichneten. Zahlreiche Organisationen im Agrarsektor schlossen sich der Bewegung an und unterstützten Arbeitsgruppen

im ganzen Land, die die Gründung von Maschinenringen vorbereiteten. Der MR Dalarna fungierte schließlich als Modell für weitere Ringgründungen. 1993 hatten sich bereits 32 Maschinenringe etabliert, die sich daraufhin zur nationalen Organisation Maskinringar Sverige zusammenschlossen. Ein historischer Meilenstein war 1994, als Schweden erstmals die Tagung der internationalen Maschinenring-Organisation ausrichtete. Der zehnte Weltkongress fand an der landwirtschaftlichen Universität in Uppsala statt und versammelte ungefähr 500 Delegierte aus über 20 Ländern. Der Kongress schloss mit einem Bankett im Goldenen Saal des Stockholmer Rathauses, wo auch die jährlichen Nobelpreisfeiern stattfinden. In den Massenmedien sorgte die internationale Zusammenkunft für Furore und verhalf der Maschinenring-Idee in Schweden auch über den landwirtschaftlichen Sektor hinaus zum Durchbruch. Unter den Gästen und Rednern des Kongresses waren auch der damalige Landwirtschaftskommissar der EU, René Steichen, sowie der Gründer des Maschinenrings, Dr. Erich Geiersberger.

 

Selbstständige Landwirte im

Aufwind

Heute beläuft sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Schweden auf rund 67.000, Selbsthilfeorganisation

 

Für die zahlreichen kleinen Höfe sind sowohl Zusammenarbeit als auch selbstständiges Unternehmertum von großer ökonomischer Bedeutung.

 

die durchschnittliche Ackerfläche pro Betrieb beträgt etwa 40 ha. Die Mehrheit der Landwirte geht ihrer Tätigkeit im Nebenerwerb nach, den Lebensunterhalt verdienen sie hauptsächlich durch nicht-landwirtschaftliche Tätigkeit im ländlichen Raum. Für die zahlreichen kleinen Höfe sind sowohl Zusammenarbeit als auch selbstständiges Unternehmertum von großer ökonomischer Bedeutung. Der Hauptumsatz landwirtschaftlicher Tätigkeit wird in Schweden mit der Holzproduktion erzielt, gefolgt von der Milchwirtschaft. Derzeit findet in Schwedens Landwirtschaft ein massiver Strukturwandel statt. Die Zahl der Milch- und Schweinemastbetriebe sinkt dramatisch, während der Anteil selbstständiger Landwirte ansteigt. Sie setzen ihr Know-how und ihre Arbeitskraft in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen ein. Den Maschinenringen kommt dabei eine extrem wichtige Vermittlungsrolle zu. Sie erschließen neue Geschäftsfelder – sowohl im agrarischen als auch im nicht-agrarischen Bereich – und sorgen dafür, dass Landwirte aus ihrer selbstständigen Tätigkeit ein Einkommen zum Auskommen erwirtschaften können.

 

Erfolgsfaktor Führungsqualität

In den Anfangsjahren des Maskinringar Sverige entstanden viele kleine Ringe, die sich mit der Zeit zu größeren Einheiten zusammenschlossen. Aus 32 Kleinringen entstanden 17 größere mit entsprechend höherer Mitgliederzahl. Die Erfahrung zeigt, dass viele Mitglieder und ein relativ großer Umsatz nötig sind, damit ein Maschinenring gut funktioniert und ertragreich wirtschaften kann. Entscheidend für einen prosperierenden Ring ist die Wahl einer kompetenten Führung, die ihrerseits fähige Leute für die Schlüsselpositionen – etwa als Leiter der unterschiedlichen Geschäftsbereiche – finden muss. Anfang der 1990er Jahre erhielten die schwedischen Ringe als Startförderung staatliche Geldmittel, um ihren Betrieb zu etablieren. Ein Blick in den Rückspiegel zeigt, dass nicht jene Ringe am besten abschnitten, die die höchste Förderung erhielten, sondern diejenigen, die die kompetentesten Bereichsleiter installiert hatten. Als die schwedischen Maschinenringe ihre

Arbeit aufnahmen, dominierte das klassische

Modell solidarischer bäuerlicher Kooperation. Mittlerweile dominieren die „Maschinenring- Unternehmer“ die Umsatzrankings. Das Gros ihrer Einkünfte erwirtschaften die Ringe außerhalb des Agrarsektors, wovon alle Ringmitglieder profitieren. Im Vergleich zu Österreich und Deutschland steckt die dritte Sparte des Maschinenrings, die Personalbereitstellung, noch in den Kinderschuhen, hat aber bereits hochinteressante Geschäfte akquiriert. So erhielt ein Ring den Auftrag, die Sicherheitskontrollen eines kleinen Flughafens zu übernehmen – auf gestandene Landwirte ist schließlich Verlass.

 

Zehnte internationale Maschinenring-Konferenz im

Goldenen Saal des Stockholmer Rathauses (1994)

1990: MR Dalarna als erster Maschinenring

Schwedens gegründet

1993: Gründung des Maskinringar

Sverige als Dachverband der

schwedischen Ringe

1994: Zehnte internationale Maschinenring-

Konferenz in der schwedischen

Hauptstadt Stockholm

2010: Jährliches Treffen des Europäischen

Maschinenrings

in Schweden

Anzahl der Maschinenringe: 17

Mitglieder: über 5.000

Anzahl der Maschinen: ca. 35.000

Umsatz: 600 Millionen SEK (ca. 70 Mio. €)

 

 

Fakten zum MR Schweden

 

Der Maschinenring Schweden durchläuft derzeit einen Prozess der Umwelt- und Qualitätszertifizierung gemäß dem schwedischen Standard ISO 9001 und ISO 14001. Ziel ist es, die Organisation durch Werteorientierung und Zertifikation für größere und gewinnbringendere Aufträge auf einem wettbewerbsorientierten Markt zu stärken.

 

Maschinenring-Botschafter

unterwegs

Die Attraktivität der Maschinenring-Idee ist trotz – oder gerade wegen – des landwirtschaftlichen Strukturwandels ungebrochen. Das zeigen die Kooperations- und Unterstützungsanfragen, die in jüngster Zeit aus Afrika, Südamerika, China, Indien usw. an den europäischen Maschinenring herangetragen wurden. Im Auftrag dieses Dachverbands von 13 staatlichen Maschinenring-Organisationen bin ich als Impulsgeber in unterschiedlichen Weltgegenden unterwegs, z. B. in China (siehe Foto). Wo immer ich hinkomme, vermag der Grundgedanke des Maschinenrings als geniale Idee für die wirtschaftliche und soziale Weiterentwicklung des ländlichen Raums zu überzeugen. Denn: Können sich Menschen auf dem Land nicht mehr versorgen, wandern sie in die Städte ab oder in andere Länder aus. Der Maschinenring tritt dieser Bewegung mit einem klaren Wertefundament und hoher Handlungskraft entgegen.

 

Fakten zur Landwirtschaft in Schweden 

#Anzahl der Betriebe:

~ 67.000

Milchbetriebe:

~ 4.000

Schweinebetriebe:

~ 1.000

Ackerflächen:

~ 2,6 Mio. ha

Weideflächen:

~ 0,4 Mio. ha

Mittlere Betriebsgröße:

~ 45 ha

Der Autor

Göran Abrahamsson (* 1952)

Agrarökonom (Master of Science der

Universität für Agrarwissenschaften in

Uppsala)